Reportage: Was ist nachhaltige Forstwirtschaft?

Woher das wertvolle Zirbenholz kommt

Eine erkenntnisreiche Wanderung im Südtiroler Vinschgau. Unterwegs mit Förster Herbert Niederfriniger.

Wanderung im Südtiroler Vinschgau

Ein Wanderweg, der hoch in den Bergwald führt. Foto: Tourismusverein Prad am Stilfserjoch

Soll das ein Witz sein? „Wir gehen jetzt zur Bärenbrücke“, sagt der Förster. Wir überqueren gerade die letzte Straße vor dem Bergwald. Jeder von uns weiß, wie ernst es inzwischen auch hier in Mitteleuropa mit diesem Tier werden kann. Hier – genauer gesagt in Südtirol, im Waldgebiet des Stilfser Jochs. Im benachbarten Trentino ist vor wenigen Wochen ein Mensch einem Problembären zum Opfer gefallen. Und Braunbären können mehrere Dutzend Kilometer am Tag zurücklegen.

Aber alle in unserer Gruppe verdrängen das Risiko und versuchen, die ständige Gefahr einfach wegzulachen. Einer scherzt: „Haben wir auch einen Stock dabei?“ Doch der würde in diesem Fall überhaupt nichts bringen, wie uns Förster und Jäger Herbert Niederfriniger später eindrücklich erklärt. Durch Flucht hätte man keine Chance, dem Bären zu entkommen. Allenfalls sein scharfes Hirschfänger-Messer im Rucksack könnte ein Raubtier, das ohne natürliche Scheu vor uns Menschen umherstreift, vielleicht doch noch in die Flucht schlagen. Auf den Bären-Trails in Kanada sind die Ranger nicht umsonst mit geschultertem Gewehr unterwegs.

Ein Wildnistrip gelangweilter Urlauber? Unsere Gruppe hat anderes im Sinn, besteht überwiegend aus Journalisten und hat gestern noch den aufstrebenden Holzbaubetrieb von Herbert Niederfriniger besichtigt. Ein schlanker, sportlich wirkender Mittfünfziger, der acht Jahre lang als Förster und Jäger sein Revier am Stilfser Joch hatte. Der hier zwar nicht mehr jeden Baum, aber natürlich jede Baumart kennt. Ein Fachmann, der uns einiges erzählen kann über Wildverbiss an zarten Bäumchen, das Ideal der Naturverjüngung und die Tücken des fortschreitenden Klimawandels auf 2.000 Metern Höhe.

Nachhaltige Forstwirtschaft

Das Stilfserjoch ist stark bewaldet. Förster Niederfriniger zeigt die Unterschiede der Baumarten. Fotos: Wolfgang Spieß / Vitaljournal

Eine hochalpine Gegend

Was für ein Blick heute Morgen aus dem Hotel! Die Berge der Ortlergruppe füllten fast die gesamte Breite des Fensters aus. Mit drei wendigen Firmenwagen fuhren wir die Serpentinen hinauf in den Bergwald. Eine hochalpine Gegend: Scharfkantig wie Glasscherben schneiden sich hier die Felsspitzen in den blauen Himmel.

Zu zehnt stapfen wir an diesem Vormittag in Wanderschuhen die bewaldeten Hänge des Vinschgauer Hochtals hinauf. Vorbei an meterhohen Ameisenhaufen und leuchtend gelben Schlüsselblumen, über trockene Steinhänge – heikle Stellen, weil die Steine unter den Füßen wegrollen.

Zum Glück ist es Frühling, um 10 Uhr ist der Wald nicht mehr morgenfrisch, sondern schon leicht angewärmt. Ein T-Shirt genügt. Die Beinahe-Viertausender tragen unverdrossen ihre in der Sonne gleißenden weißen Hauben – Schnee, der mit dem Grün der Baumkronen einen markanten Kontrast bildet. Die klare, sauerstoffreiche Luft lädt zum Durchatmen ein.

Bei dieser Wanderung geht es nicht um eine der durch die Zunahme der Bärenpopulation häufiger gewordenen Sichtungen dieses Raubtieres, sondern um das unmittelbare Erleben von Zirbe und Lärche an ihrem alpinen Standort. Beides Bäume, die bis an die so genannte Baumgrenze wachsen und deren Holz gerade deshalb für den Innenausbau (Zirbe) und für Fassaden und Terrassen im Außenbereich (Lärche) sehr begehrt ist.

Die Zirbe ist extrem widerstandsfähig

Vor allem die Zirbe wollen wir erstmals in ihrer Heimat besuchen. Sie wächst an Berghängen noch in Höhen, wo kaum ein anderer Baum mehr gedeihen kann. Im Hochgebirge der Alpen, auf fast 2.000 m Höhe. Ein bewundernswerter Baum, extrem frosthart und unempfindlich gegen alle Witterungseinflüsse. Wir befinden uns in einem „hochalpinen Fichtenwald mit eingestreuten Lärchen“, klärt uns der Förster zu Beginn auf. Der Wald reicht höher als in anderen Tälern, die Vegetation ist im Vergleich völlig anders. „Wir hatten hier in Südtirol einen sehr trockenen Winter“, resümiert er, „die jetzigen Niederschläge im Frühjahr haben uns gut getan.“

Förster und Holzbautechniker Niederfriniger hat extra drei Bretter im Rucksack, um später bei einem Zwischenstopp die mitwandernden Städter in Verlegenheit zu bringen: Sie sollen tippen, aus welchem Baum dieses wunderbar handliche Nutzholz hergestellt wurde! Kiefer, Zirbe oder Lärche?

Nutzholz? – Da liegt der Hinweis auf die aktuellen Thesen seines deutschen Berufskollegen Peter Wohlleben, bekannt durch Bestsellerbücher und Fernsehauftritte, nahe. Was hält der Förster aus dem Vinschgau davon, alt gewordene Bäume weitgehend im Wald verrotten zu lassen? Stichwort „naturnahe Wälder“!

Mit solch radikalem Gedankengut konfrontiert, lässt sich selbst der zentrierte Herbert Niederfriniger aus der emotionalen Reserve locken. „Ich widerspreche Wohlleben in diesem Zusammenhang ausdrücklich“, stellt er klar. „So viel Humus, wie mit dem Totholz im Wald aufgebaut wird, ist gar nicht nötig.“ Es reiche, die Äste liegen zu lassen. „Die bringen die Nährstoffe wieder in den Boden.“ Der Verzicht auf die Holzentnahme birgt zudem Gefahren, denn ältere Waldbestände sind anfälliger für Windwurf und Insektenbefall.

Naturverjüngung ist das Ziel

Auch eine beliebte Werbestrategie bezeichnet er als ökologisch letztlich nicht so toll, wie sie klingt: „'Für jedes X pflanzen wir einen Baum' – das ist für mich die falsche Botschaft“. Genetisch angepasste Bäume von selbst hochkommen zu lassen, das sei der richtige Weg. „Das ist Naturverjüngung.“ Diese sei grundlegend für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Entscheidend sei, „immer die richtige Genetik und die richtige Provenienz im Wald zu haben“.

Auf unserem Weg passieren wir nun ein offenes Waldstück, blicken auf auffallend viele Stümpfe frisch gefällter Bäume, ein angenehmer Harzgeruch erfüllt die Luft. Warum mussten hier so viele Bäume auf einmal weichen? Der Förster klärt uns auf: Bäume im Bergwald wachsen meist in Gruppen. Deshalb muss beim Fällen eine Gruppe „wie ein Baum betrachtet und als Ganzes entnommen werden“. Würde nur ein Baum entfernt, blieben die anderen an dieser Stelle ungeschützt. „Es entsteht ein Schadenspotenzial durch Wind und Sonnenbrand“.

Wird die abgeholzte Lichtung bald wieder aufgeforstet? Gut möglich! Von großflächigen Aufforstungen hält der Südtiroler Förster allerdings wenig, er plädiert für eine natürliche Wiederbewaldung: Der Wald soll sich selbst verjüngen, die nächste Baumgeneration soll von selbst nachwachsen. Auch wenn das viele Jahrzehnte dauert. Aber genau so entstehen stabile Mischwälder.

Ein einzelner Baum wäre in vielen Fällen zu schwach, um allein einen stabilen, gesunden Aufbau zu schaffen. Waldbäume trotzen gemeinsam Wind und Wetter, bilden in höheren Lagen eine Rotte nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“.

Die Natur hat ihre eigenen Mittel, damit der Humus, die kostbare Lebensgrundlage, auf Kahlflächen nicht in kurzer Zeit durch Erosion abgetragen wird. Pionierpflanzen wie Birke, Espe und Ahorn, die schnellwüchsig sind, erhalten und bereiten den Waldboden für die großen Baumarten wie Buche, Tanne, Fichte, Lärche und Arve vor.

Stilfs in Südtiroler Vinschgau

Wie in den meisten deutschen Wäldern stellt sich auch in Südtirol die Frage nach dem Verhältnis von ungestörter, gerne auch romantisierter Natur und wirtschaftlichem Nutzen. Foto: Tourismusverein Prad am Stilfserjoch

Jagen oder nicht jagen?

Der Waldumbau funktioniert auf großer Fläche nur, wenn die Waldbesitzer von den Jägern durch eine intensive Bejagung unterstützt werden. Denn viele der Mischbaumarten schmecken dem Wild besonders gut. Niederfriniger zeigt auf den Baumnachwuchs, auf zarte Fichten, denen Reh- und Rotwild die Spitze abgefressen haben: Keine Chance mehr, ein ordentlicher Baum zu werden! Solche Bäumchen wachsen wie Büsche und werden nicht groß. Weil ihre Triebe nach oben abgebissen wurden, müssen sich die Seitentriebe entwickeln und der „Kollerbusch“ wächst so in die Breite. Bei zu viel Wildverbiss kann der Schutzwald nicht nachwachsen.

Warum wird dann nicht öfter gezäunt? „Einzelschutz um Bäume wird teilweise gemacht, aber mit wenig Erfolg.“ Der Aufwand ist zu groß, die Stabilität der Bäume wird geschwächt, sie können sich nicht natürlich entwickeln. Wenn man die Zäune nicht entfernt, wachsen sie ein. „Der Rückbau ist auch ein enormer Aufwand und in der Natur bleiben Fremdmaterialien zurück.“

Bleibt wohl nur die Jagd. „Den Wildbestand dem Lebensraum anpassen, um das ökologische Gleichgewicht zu erhalten“, wie es in der Jägersprache heißt. „Ich habe zwei Jahre mit dem Jägerdasein gehadert“, gesteht unser heutiger Wanderführer dennoch. Geschossen hat er in dieser Zeit nichts. Doch diese Phase ist vorbei – im vergangenen Herbst hat er einen Gamsbock erlegt –, schließlich sieht der jagende Förster bei hohen Wildbeständen keine sinnvolle Alternative zur Jagd. Den Wildtieren kurzerhand Hormone zu verabreichen, um den Nachwuchs zu reduzieren, solche künstlichen Umwege lehnt er ab.

Herbert Niederfriniger

Hat seine Liebe zum Wald zum Beruf gemacht: Förster Herbert Niederfriniger. Foto: Wolfgang Spieß / Vitaljournal

Nachhaltiges Denken von Anfang an

Auf dieser Wanderung erfahren wir immer wieder beiläufig: Naturnahes und nachhaltiges Denken ist Teil der Persönlichkeit von Herbert Niederfriniger. Seine Biografie spricht dafür: Als Bergbauernsohn vom Vinschgauer Sonnenhang lernte er von klein auf das Wirtschaften im Kreislauf, gewann ein tieferes Verständnis für die Herkunft und den Weg des Holzes. Im Winter knisterten die getrockneten Baumreste im Ofen und wärmten die Stube, die weißgraue Asche wurde später als natürlicher Dünger verwendet.

Als Schreiner und später als Holztechniker faszinieren ihn die wirtschaftlichen Zusammenhänge. Acht Jahre ist Niederfriniger dann als Förster im Vinschgau unterwegs. In dieser Zeit reift in ihm eine Vision, eine Vorstellung von wirklich naturnahem Wohnen. Er baut ein Holzhaus für seine Familie. Seine bodenständige Art, gepaart mit dem Drang, auch für andere „das naturnahe Haus“ zu schaffen, lassen ihn schließlich 2005 den Schritt ins Unternehmertum wagen. Seither hat er mit seinem wachsenden Team von Mitarbeitern einige hundert „holzius Vollholzhäuser“ gebaut – mit leim- und metallfreien Vollholzelementen.

„Ich spürte die Frage: Wo kann ich dem Holz, dem Wald, der Forstwirtschaft mehr dienen – als Förster oder als Unternehmer? Die Antwort war für mich ganz klar: Ich kann 'Holz' weiterbringen, wenn ich selbst Hand anlege und als Unternehmer neue Wege gehe, die dem Holz seine Reinheit, seine Natürlichkeit lassen. Und wenn ich Wege aufzeige, die es ermöglichen, das Holz so konsequent zu nutzen“.

Die genial einfache Technik und die sorgfältige Verarbeitung von holzius zeigen Wirkung. Ob Privathaus, Hotel oder öffentliche Einrichtung, die „naturverbundenen“ Bauten werden immer mehr nachgefragt. holzius ist mittlerweile im deutschsprachigen Raum sowie in Italien eine feste Größe im Holzhausbau. Um die großen Investitionen stemmen zu können – gerade wird ein neu errichteter Standort für Produktion und Verwaltung bezogen, am ursprünglichen Standort im Gewerbegebiet von Prad war man nur Mieter – ist holzius Teil der Rubner-Gruppe geworden.

Wir passieren einen Hang, wieder mit atemberaubendem Blick auf die Gletscher, die Bäume werden schon etwas lichter, auch die ersten Zirben tauchen auf.

Was macht Mondholz besser?

Ist so genanntes Mondholz wirklich besser? Ist Bauholz resistenter gegen Pilzbefall und holzzerstörende Prozesse, wenn es bei abnehmender Mondphase im Winter geerntet wird? Das Holz soll sich dann stärker zusammenziehen und dadurch dichter werden. „Ich halte schon was vom 'Mondholz'“, antwortet Niederfriniger auf diese Fragen, „aber wir werden es nicht schaffen, allen Kunden zertifiziertes Mondholz zur Verfügung zu stellen.“ Für die Qualität des Bauholzes sei vor allem auch der Standort entscheidend, damit der Baum gleichmäßig wachsen kann.

Bei Mondphasenholz, so der holzius-Unternehmer weiter, werde das Holz sogar „an den richtigen Sternentagen geschlagen“. Er selbst habe damals als Bauherr darauf geachtet, und seine Lärchen seien nach dem Schlagen auf 1.800 m Höhe das ganze Frühjahr über mit den Wipfeln nach unten und den Ästen dran im Wald gelegen. „So lange, bis ich mir als Förster Sorgen gemacht habe.“ Denn vor allem nicht entrindete Baumstämme sind bei wärmeren Temperaturen ein idealer Brut- und Vermehrungsort für den Borkenkäfer. Durch die Restfeuchtigkeit der Rinde hat der Käfer leichtes Spiel, schließlich können die gefällten Bäume ihn nicht mehr bei seiner Ausbreitung behindern, indem sie das bohrende Insekt mit einem Harztropfen ertränken und gleichzeitig die Nachbarbäume mit einem Duft alarmieren, damit diese ihr Abwehrsystem hochfahren können.

„Zum Glück sind nur wenige Borkenkäfer eingedrungen. Die Stämme waren glänzend, hell und kaum befallen – ein schöner Beweis für die natürliche Widerstandskraft und Dauerhaftigkeit des Mondholzes. Und das Erstaunlichste war, dass die Bäume am Boden liegend die Nadeln wieder ausgetrieben haben“.

Bei einer kurzen Rast fällt der Blick auf einen frisch gefällten Baumstamm, über den ein Käfer krabbelt. Wir überlegen: Was ist das wohl? In einem gesunden Wald wie diesem heißen die häufigsten Vertreter Buchdrucker, Nutzholzbohrer oder Kupferstecher. Inzwischen ist der Käfer schon wieder verschwunden. Egal – unsere Gruppe einigt sich auf „Karl der Käfer“.

Südtirol Alto Adige

Ein kleiner Teil des öffentlichen Waldes wird einer natürlichen Entwicklung überlassen. Die übrigen Wälder sollen nachhaltig bewirtschaftet werden, so dass sie sich zu naturnahen Waldökosystemen entwickeln können. Foto: Tourismusverein Prad am Stilfserjoch

Borkenkäferbefall auch in Südtirol

Auch in Südtirol sind viele Fichten vom Borkenkäfer befallen, erfahren wir, verursacht durch die Stürme 2018 und den Schneedruck. Das Schadholz wurde nicht aufgearbeitet, die Käferpopulation ist explodiert. Die Schädlinge profitieren auch von den höheren Temperaturen. Der Borkenkäfer hat zwar die biologische Aufgabe, kranke Bäume zum Absterben zu bringen. Ist er aber einmal massenhaft vorhanden, befällt er auch gesunde Bäume.

Nadelbäume lieben die Hochlagen der Gebirge. Und mit der Zirbe oder Arve, wie der Baum auch genannt wird, sehen wir nun die „Königin der Alpen“ an ihrem natürlichen Standort an einem steileren Hang. Wie die Lärche wächst sie in den Alpen an den steilsten Berghängen, ist extrem witterungsbeständig und kann trotz abgebrochener Äste immer wieder neu austreiben. Zirbenholz ist reich an ätherischen Ölen und soll sich positiv auf Schlaf, Atmung und Wohlbefinden auswirken. Besonders schlafempfindliche und gestresste Menschen sollen von dieser Wirkung profitieren. Deshalb wurde die Zirbe schon in früheren Zeiten hoch geschätzt und gerne für den Bau von Betten und Schränken verwendet. Der warme Geruch hält lange – oft Jahrzehnte - an und verleiht Räumen eine angenehme, wohltuende Atmosphäre.

Von Problembären und Menschen

Die Bärenbrücke ist erreicht! Wir stehen auf einer kaum schwankenden Holzbrücke, die über eine Schlucht führt. Unterhalb der Brücke sehen wir, dass die Natur hier bereits eine für Tiere gut passierbare Steinverbindung über die Schlucht geschaffen hat. Nutzbar auch für Bären. Die meisten trollen sich, wenn sie Menschen hören, beruhigt uns der Wanderführer. Ansonsten helfe nur, sich flach auf den Bauch zu legen. Dann käme man mit dem Beschnüffeln davon. Was im Trentino passiert, kann er leicht erklären: „Wenn das Muttertier die Scheu vor dem Menschen verliert, verlieren das auch die Jungen“, sagt der Jäger und Förster. „Der Mensch wird zur Beute.“ Sein Fazit ist deshalb klar: „Problembären müssen eliminiert werden, sonst hat die Bärenpopulation keine Überlebenschance.“

Die Klimaerwärmung und ihre Folgen für die Wälder

Wälder entziehen der Atmosphäre Kohlenstoff und speichern ihn. Dadurch werden z.B. Wetter, Niederschläge und Wasserkreisläufe reguliert. Durch massive Abholzung oder Sturm- und Dürreschäden wird weniger Kohlenstoff gespeichert, durch die Nutzung des Holzes und die Freisetzung aus dem Waldboden gelangt sogar mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre und trägt zur Klimaerwärmung bei.

Die seit den 1990er Jahren spürbaren Klimaveränderungen im Hochgebirge bereiten auch Förster Niederfriniger Sorgen, doch sein pragmatisches Naturell bewahrt ihn davor, in Klagelieder einzustimmen. Er nennt drei Beobachtungen, die sich in den letzten Jahren leider auch in seiner Heimat, dem Vinschgau, gehäuft haben: Die Waldgrenze wandert nach oben, weil die Durchschnittstemperatur steigt („Pro halbes Grad steigt die Waldgrenze um etwa 100 Meter“), die Vegetationsstufen und Waldgesellschaften wandern ebenfalls nach oben, und in tieferen Lagen nimmt der Laubholzbestand zu.

Weltuntergangsängste wie „Wir haben noch sieben Jahre, um die Katastrophe abzuwenden“ hält Herbert Niederfriniger für verfehlt, stattdessen machte er im Februar bei einer Veranstaltung vor hunderten Oberstufenschülern in Schlanders den Jugendlichen Mut, „dass es auch ein Morgen gibt, für das es sich lohnt, in die Schule zu gehen und für die Zukunft zu lernen“. Nur mit Optimismus und Realismus ließen sich Lösungen für die Zukunft finden, ist er überzeugt. „Im Pessimismus bleibt alles stecken und es gibt kein Morgen mehr“.

Der Wald schärft die Sinne

Der Wald schärft unsere Sinne, er lehrt uns zu riechen, zu hören, zu fühlen und zu sehen. Schon der Anblick eines grünen Waldes entspannt, sagen Wissenschaftler. Unser Blutdruck normalisiert sich in der Nähe von Bäumen. Auch das Zwitschern der Vögel oder das Rascheln der Blätter tut uns Menschen gut, und die Waldluft stärkt unser Immunsystem. Unsere vor allem jetzt beim Abstieg körperlich anstrengende Wanderung mit immerhin 400 Höhenmetern dürfte uns also hoffentlich ausgeglichener und gesünder – und vielleicht sogar biologisch verjüngt! – haben.

Doch zuvor noch ein kleiner Schreck beim Abstieg! Plötzlich knackt es vor uns – und mit lautem Getöse bricht ein Tier durch das Unterholz. Einige von uns erhaschen einen kurzen Blick darauf. Ein flüchtender Hirsch mit einem mittelgroßen Geweih. Ein stattliches Waldtier. Für die Stadtmenschen unter uns ein Erlebnis, das sie sicher nicht jedes Jahr haben.

Bei Gnocchi und Grauburgunder klingt die körperlich und geistig anstrengende Waldtour im Bergrestaurant aus. Ein Restaurant, das erst letztes Jahr mit viel Massivholz renoviert wurde. Die ersten Touristen der Saison treffen ein, einige genießen sonnenbeschienen auf Liegestühlen die traumhafte Aussicht auf die höchsten Berge Südtirols.

Wolfgang Spieß



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